Das Generationenmuster

Robert Greene schreibt in „Die Gesetze der menschlichen Natur“, dass bestimmte Dichter und Denker seit Beginn der Geschichtsschreibung intuitiv ein Muster der menschlichen Geschichte erkannt haben. Es war Ibn Khaldun aus dem 14 Jhd, der diese Idee in die Theorie ausformulierte, dass die Geschichte sich in vier Akten zu bewegen scheint, die vier Generationen entsprechen.

Die erste Generation ist die Revolutionäre, die einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit herbeiführt, und neue Werte etabliert, dabei aber Chaos schafft.
Die zweite Generation strebt nach Ordnung, will die Welt stabilisieren und Konventionen etablieren.
Jene der dritten Generation sind Pragmatiker. Sie wollen Probleme lösen und das Leben so angenehm wie möglich machen. Dabei neigen sie dazu, den Geist der ursprünglichen Revolution zu verlieren. Materielle Belange herrschen vor.
Die vierte Generation hat das Gefühl, die Gesellschaft hat ihre Vitalität verloren, aber ihre Mitglieder sind sich nicht sicher, wodurch sie ersetzt werden sollte. Sie fangen an die Werte zu hinterfragen, die ihnen vererbt wurden und manche werden ziemlich zynisch. Niemand weiß, was er noch glauben soll, es entsteht eine Krise.
Und dann kommt die erste Generation wieder an die Reihe.

Unsere Werte werden oft davon abhängen, wo wir in dieses Muster fallen. Allen gemein ist, dass die aufstrebenden Generationen auf die Ungleichheiten und Fehler der vorherigen reagieren. Dieses Muster des Hin und Her hat aber auch eine heilsame Wirkung, denn es stellt sicher, dass wir uns neu beleben.

Als Schüler*in der menschlichen Natur, so Green weiter, haben wir drei Aufgaben: Zuerst müssen wir unsere Einstellung gegenüber unserer eigenen Generation verändern. Wir wollen gerne glauben, dass wir autonom sind, und unsere Werte und Ideen von innen kommen (und nicht von außen), das ist aber nicht der Fall. Unser Ziel sollte es sein, möglichst tiefgreifend zu verstehen, wie der Geist unserer Generation und die Zeiten, in denen wir leben, beeinflussen, wie wir die Welt wahrnehmen.

Die Persönlichkeit unserer Generation ist weder positiv noch negativ. Wir müssen merken, wenn wir die Dinge an unserer Generation oder der nächsten als gut oder schlecht bewerten, und diese Bewertung fallen lassen. Das Schmieden einer solchen Einstellung wird eine Schlüsselrolle in unserer Entwicklung spielen.

Unsere zweite Aufgabe ist es, eine Art Persönlichkeitsprofil unserer Generation zu schaffen. Wir können damit anfangen, dass wir die einschneidenden Ereignisse betrachten, die in den Jahren geschahen, bevor wir in die Arbeitswelt traten, und die eine große Rolle bei der Bildung unserer Persönlichkeit spielten. Für jene, die in den 1930er Jahren junge Erwachsene waren, waren es die Weltwirtschaftskrise und der Beginn des Zweiten Weltkrieges. Für die Babyboomer war es der Vietnamkrieg und die politischen Skandale der frühen 1970er Jahre. Die Generation X waren Kinder während der sexuellen Revolution und Jugendlilche in der Ära der Schlüsselkinder. Für Millenials war es der 11. September und dann die Finanzkrise von 2008. Sie sollten auch einen Blick auf den Erzeihungsstil Ihrer Eltern werfen, auf die Geschlechterbeziehungen und auf die Helden und Ikonen Ihrer Generation. Wonach wir suchen, sind gemeinsame Merkmale (der vier Generationen), die einen allgemeinen Geist signalisieren.

Unsere dritte Aufgabe ist es, dieses Wissen in etwas Breiteres auszuweiten. Es gibt viel zu gewinnen, wenn wir die Welt aus der Perspektive unserer Eltern und unserer Kinder anschauen und vielleicht sogar einige ihrer Werte übernehmen. Das Gefühl zu haben, dass unsere Generation überlegen ist, ist eine Illusion. Das zu erkennen wird uns in die Lage versetzen, unsere eigenen Werte und Vorstellungen zu formen, und kein Produkt der Zeiten zu sein. Wir werden ein Gefühl dafür entwickeln, wohin sich die Welt bewegt. Mit diesem Wissen können wir unseren eigenen individuellen Geist ins Spiel bringen und helfen, die Zukunft zu formen, die in der Gegenwart bereits gärt.“